Es ist schon dunkel. Wir sehen die ersten Lichter von Manaus. Bis zum Anlegeplatz haben wir noch etliche Kilometer zu fahren.
Wir haben vor einiger Zeit den Amazonas verlassen und sind in den Rio Negro abgebogen. Wenn es nicht dunkel wäre, hätte ich Florian und Tristan das dunkle Wasser, das Kilometer um Kilometer vom milchig braunen Wasser begleitet wird, zeigen können. Aber die beiden wollen, wie ich, weiter nach Tabatinga fahren. Dann werden sie The Meeting of the waters` sehen können.
Die große Brücke über den Rio Negro ist hell erleuchtet. Ob ich wohl auf dieser Reise darüber fahre? Ich habe es mir fest vorgenommen.
Es scheint, als sei kein Anlegeplatz für uns vorhanden. Der Kapitän wendet, fährt ein Stück zurück Richtung Kaimauer. Tatsächlich, zwischen zwei Schiffen ist gerade soviel Platz, dass er die Nelio Correa hinein fummeln kann!
Das Abschiednehmen beginnt. Ganz besonders herzlich von Tristan und Florian. Das Gepäck habe ich schon aufgestellt, ein paar Sachen, die ich aus Sicherheitsgründen im großen Gepäck verstaut habe, sind wieder in meiner roten, geflochtenen Tasche.
Ich gehe noch einmal zur Reling, um zu sehen, dass das Gros der Menschen sich vom Boot entfernt hat. Alles gut, ich kann mich auf den Weg machen. Florian schnappt sich meine schwere Tasche und geht los. Ich glaube, vor Schreck setzt mein Herz aus. Meine rote Tasche ist weg, mit allem, was ich dringend brauche! Mein Pass, Geld, Kredit- und Bankkarten, Cellfone, Fotoapparat, Kindle und ich weiß nicht, was sonst alles.
Wir stellen sehr schnell fest, dass wir den Dieb nicht finden werden können.
Die Jungen geben mir 200,-Rs, weil ich außer 4,- Rs, die in meiner Hosentasche sind, nichts habe. Sie trösten mich und versprechen, morgen wieder zum Schiff zu kommen. Ich habe mittlerweile das einzige getan, was ich tun kann: meine Hängematte ausgepackt und sie wieder an meine alten Haken gehängt. Auch der Schlafsack ist wieder in Aktion.
Ich winke den Jungen nach und hoffe, dass ihre Unterkunft gut ist und sie, ihrem Wunsch entsprechend, Party machen können.
Die Besatzungsmitglieder, denen die Jungen meine Lage erklärt haben, sind mitfühlend. Sie laden mich wiederholt zu ihrer Weihnachtsfeier ein. Ob ihr´s glaubt oder nicht, irgendwie ist mir nicht nach Feiern zu Mute!!