Wir brechen zu unserer zweiten Bootstour auf. Unser Guide kommt um 5h um uns ans Ufer des Ganges zu führen. Er leuchtet mit seinem Telefon, damit wir den Weg in der Finsternis finden können. Alles schläft noch. Aber die unterschiedlichen Gerüche geben Auskunft über den aktuellen Ort.
Die Sonne geht auf! Na ja, man könnte meinen, das sei schon vor Stunden geschehen. Stimmt, aber jetzt können wir sie erst sehen! Vorher war alles diesig.
Wir fahren mit dem Boot zu einem Festplatz, an dem Tänzer, jeder einen goßen vielarmigen Leuchter schwenkend, den neuen Tag begrüßen sowie den Ganges ehren.
Auch diese Zeremonie findet täglich statt. Leider ist meine Kamera mit der Aufgabe überfordert, und die Bilder vom Mobilfon kann ich nicht ohne Hilfe in den PC bekommen. Darum mußt du dir vorstellen, wie schön es in der Morgendämmerung ist, wenn leise Musik - teils Gesang, teils Instrumente - erklingt, zu der sich, begleitet von der Lichtershow, tanzende Gestalten bewegen.
In diesem Palast am Ufer des Ganges ist das teuerste Hotel der Stadt untergebracht. Der Fahrstuhl befindet sich im mittleren Vorbau. Ich habe gelesen, dass es der erste Fahrstuhl in Varanasi war und er zu Anfang mit Hilfe eines Pferdes bewegt wurde. Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, wo ich diese Information entdeckt habe.
Während der Monsunzeit steigt der Ganges viele Meter. Er spült nicht nur das Flussbett, sondern bringt auch alles Mögliche, das sich auf den Wegen unterhalb der Ghats ablagert. Die Männer sind jetzt noch dabei, mit scharfem Wasserstrahl die festen Ablagerungen zu entfernen.
Hunde fallen eigentlich nicht auf. Es sind Unzählige. Sie liegen überall herum und schlafen oder trotten ruhig ein Stück weiter, um Kontakt zu einem Freund aufzunehmen. Aber wenn ein Haushund an der Leine in ihr Revier kommt, ist es mit der Ruhe aus! Alle bellen, fletschen die Zähne. Der Hundehalter hat einen Kumpel mit Knüppel dabei, der auch von seiner Waffe Gebrauch macht. Kaum sind die beiden Männer mit ihrem Hund verschwunden, kehrt wieder die altbekannte Gelassenheit in der Hundewelt ein.
Außer Hunden treffen wir auf den Straßen Kühe. Klar, es ist bekannt, dass hier Kühe heilig sind. Aber doch macht es einen Unterschied ob ich darüber lese, oder mit ihnen in Berührung komme! Keine Panik auf der Titanik, es passiert nichts, jeder Verkehrsteilnehmer bremst ein wenig um die Kuh nicht zu berühren. Und die betrifft das alles nicht. Sie frisst in Ruhe weiter.
Abends fahren wir mit einem Tuk Tuk zum Bahnhof.
Bis zur Abfahrt haben wir noch viel Zeit. Jeff macht sich auf die Suche nach etwas Essbarem. Bananen wären gut. Plötzlich erkenne ich, dass der einfahrende Zug unserer ist. Und wo ist Jeff?
Er kommt, als ich mich schon damit abgefunden habe, dass wir diesen Zug nicht nutzen werden können.
Züge sind in Indien lang. Du glaubst, sie nehmen nie ein Ende. Wir laufen ziemlich planlos an dem Zug entlang, bis ein heilfsbereiter Inder unser Ticket anschaut und meint, wir sollen ihm folgen. Tatsächlich, kurz hinter der Lokomotive erreichen wir unseren Wagen. Wir bedanken uns herzlich.
Im Abteil unterhalten wir uns mit einem Paar aus Frankreich, einem indischen Geschwisterpaar und einem einzelnen Herrn, der mehr als interessiert ist. Seine Neugier führt zu etlichen heiteren Gespächsrunden. Irgendwann sind wir müde und schwingen uns in unsere Betten. Nachenem Bettentausch liegt Jeff mir gegenüber. Unsere neuen Freunde finden über uns in den verbleibenden zwei Etagen ihr Lager.
Als wir morgens aufwachen, sind wir in Khajaora angekommen und unsere neuen indischen Freunde nicht mehr da.