Der Goldene Tempel in Amritsar

Solltet ihr gerade den Atlas vor euch haben, schaut auf der Seite von  Indien  in Richtung pakistanischer Grenze. Wenn ihr Lahore gefunden habt, liegt Amritsar etwa 50km davon entfernt auf der indischen Seite. Und weil wir so weit gen Norden gereist sind, ist es entsprechend kalt.

In der Nähe des Bahnhofs finden wir ein Hotel. Man bestätigt, dass es Wi-Fi gäbe und nachdem uns noch fehlende Dinge wie ein Bettlaken, Handtücher und Toilettenpapier gebracht werden, bin ich sehr zufrieden. Leider nicht für lange. Der PC ist nicht bereit seine Aufgabe pflichtgemäß zu übernehmen: kein Zugang zum Internet. Aber wenigstens funktionieren die Telefone!

Wir ruhen uns nicht lange aus und schauen uns in der Altstadt um. Bis zum Goldenen Tempel laufen wir 20 Minuten. Wir sind begeistert von der Sauberkeit des Stadtzentrums.  Die Fassaden der Häuser haben einen ockerfarbenen Anstrich. Fensterlose Fassaden bekommen welche gemalt und damit es plastischer wirkt, werden Attrappen von Balkonen befestigt. Die Geschäfte haben alle das gleiche Layout für die Ware, die sie anbieten. Das Straßenpflaster ist großzügig und glatt verlegt, und viel Kunst lädt Einwohner und Besucher zum Fotografieren ein.

Wir laufen durch zahlreiche Stadttore. die Männer. Das Aussehen der Männer fällt mir auf. Viele tragen einen Turban. Sie zeigen damit, dass sie Sikhs sind. Der Goldene Tempel ist ihr Heiligtum.

Heute ist es zu spät für einen Besuch, aber vor dem Eingang lassen wir uns informieren über das,  was uns morgen erwartet. Im Stadtbild sind uns  zahllose Fussgänger aufgefallen, die alle ein kleines Kopftuch tragen. Jetzt erfahren wir, dass niemand ohne Kopfbedeckung  das Heiligtum  betreten darf. Auch wo die Schuhe deponiert werden, wird gezeigt. Wir sind schon sehr gespannt.

Das große Gebäude im Hintergrund ist ein Parkhaus mit einigen Geschäften an der Vorderfront.

Das imposante Denkmal zeigt einen tapferen Sikh, der auf keinen Fall während eines Kampfes gefallen ist. Dann, so erklärt  mein Fachmann Jeff, würde das Pferd nur auf den Hinterläufen stehen.

Am nächsten Morgen machen wir uns frühzeitig auf den Weg zum Goldenen Tempel. Alles liegt noch im Dunst. Das vor uns liegende Gebäude ist, trotz seines prächtigen Aussehens, nicht der Goldene Tempel. Es ist sozusagen das Eingangastor.

An Fenster 4 geben wir unsere Schuhe ab - höchst ungern, es ist sehr kalt. Aber, wie man sieht, sind Teppiche für die Frostköttel ausgerollt worden.

Auch das Problem mit der Kopfbedeckung können wir regeln: Vor dem Eingang stehen Tonnen, in die Gläubige ihre nicht mehr benötigten Tücher werfen. Vielleicht hätte Jeff noch einmal wühlen sollen, um etwas Größeres zu finden!

Jetzt liegt der Goldene Tempel im Morgendunst vor uns. Er scheint über dem Wasser zu schweben.

Die umliegenden Gebäude bilden ein Geviert und gehören alle zur  Tempelanlage.

Im Jahr 1588 wurde mit dem Bau begonnen und im Jahr 1601 war der zweietagige Marmorbau, der in der Mitte des Nektar - Teichs liegt, beendet. Später werden die höheren Etagen mit Goldblättern auf Kupferplatten verziert

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Der Tempel hat vier Eingänge, benannt nach den Himmelsrichtungen. Jeder ist willkommen zu beten, egal von welchem Stand, Religion oder Geschlecht. In der Beschreibung steht, dass dies der einzige Platz weltweit ist, wo 24 Stunden lang Gottes Name besungen oder gesprochen wird.

Wir reihen uns ein in die Menge der Gläubigen und laufen über den Steg, der die Verbindung zwischen Land und dem Tempel darstellt. Über Lautsprecher hören wir den Gesang schon den ganzen Morgen. Es ist sehr feierlich und still. Wir steigen die Treppen hinauf und schauen. Überall sitzen Betende auf dem Boden. Wir sind von der Andacht angesteckt und fühlen uns für einige Zeit nicht als Touristen.

In den Gebäuden, die den Tempel umschließen, werden täglich unzählige Mahlzeiten an Bedürftige verteilt. Wir sind mehr als beeindruckt von dem Gesehenen.

Es bleibt mir noch zu erzählen, was einen guten Sikh ausmacht. In meinem Blättchen steht:

Ein Sikh muss 5 Ks tragen

  1.  Keshas (Haare)   ungeschnittenes Haar. Es zeigt die Zuneigung zum Guru. "Keshas" ist das     erste Zeichen für einen Sikh. Haare und Bart sind ein Zeichen seiner Persönlichkeit.
  2. Kangha (hölzerner Kamm) Ein Kamm, um das Haar sauber zu halten.
  3.  Para (eiserner Ring ) Das Armband wird am Handgelenk getragen. Es zeigt die Verbundenheit zum heiligen Bräutigam.
  4. Kachhera ( zu vergleichen mit dem Gürtel, den die Ritter ihren Frauen angelegt haben, ehe sie auf Kreuzzug gegangen sind)

     5.  Kirpan (Schwert, um sich selbst zu verteidigen. Ein Symbol für  

          Ehrenhaftigkeit)

 

 

 

Am nächsten Mittag machen wir einen Busauflug zur pakistanischen Grenze. Dort findet täglich eine Show statt, die zahlreiche Zuschauer auf beiden Grenzseiten anzieht.

 

Bei dieser riesigen Arena handelt es sich um die indisch - pakistanische Grenze. Wir sitzen in dem Teil, der für ausländische Touristen vorgesehen ist. Bis es richtig losgeht, sind auch dort alle Plätze besetzt.

Ein Soldat, ich nenne ihn Einheizer, bringt Stimmung in den Laden. Er fordert z.B. die Zuschauer mit verständlichen Armbewegungen zum Klatschen auf.

Es dauert nicht lange, bis aus der bisher nur lauten Musik, Tanzmusik wird. Jugendliche  bekommen große Flaggen in die Hand gedrückt, mit denen sie in einen vorher abgegrenzten Bereich rennen. Bald beginnen sie zu tanzen und von überall her kommen andere junge  Mädchen, die auch tanzen wollen.

 

Und was passiert auf der pakistanischen Seite? Da wir genau an der Grenzmarkierung sitzen, haben wir den besten Überblick. Die Zuschauer kommen später, sind aber nicht minder begeistert von ihrer Show. Das ist wörtlich zu nehemen. Beide Länder heizen auf ihrer Seite die Zuschauer mit Musik auf, ausgestrahlt über große Lautsprecher. In Pakistan sehen wir auch einem einbeinigen Tänzer zu, der sich in einer Tracht mit Rock, wie ein Derwisch dreht. Toll.

In der letzten halben Stunde etwa kommt es zum Wachwechsel und dem Einholen der Fahnen. Dazu wird die Grenze geöffnet.

Beide Länder haben ihren Soldaten eine modische Uniform verpasst. Die Inder tragen einen roten und die Pakistanis einen blauen Fächer auf dem Kopf. Sehr kleidsam! Ihre Bewegungen sind übermütig und sollen sicher bedrohlich wirken. Aber jedem der Anwesenden wird klar sein, dass hier zur Unterhaltung aller - die agierenden Soldaten eingeschlossen -  eine Show abgezogen wird. Die Beine werden hochgeworfen, die Fäuste erhoben, alles ein gut einstudiertes Theater, zu dem auf beiden Seiten viel Applaus aufbrandet.

 

Wir haben nicht bereut den Ausflug gemacht zu haben, wenngleich es abends im ersten Stock des Buses saukalt ist.