Wir sind schon seit gestern Mittag wieder hier und werden noch zwei oder drei Nächte bleiben. Dann geht es weiter Richtung Norden. Es gibt in Goa noch so viel mehr als Strände zu sehen!
Und weil das so ist, haben wir uns gleich nach dem Frühstück auf den Weg gemacht.
Die erste Station ist der Busbahnhof von Magao. Nache dem Umsteigen geht die Reise weiter nach Chandor. In diesem Ort soll es ein altes Herrenhaus geben, dass aus den Glanzzeiten der Portugiesen stammt.
Unser Busfahrer liebt sein Horn! Er betätigt es nicht nur bei unübersichtlichen Kurven, sondern scheint auch Nachrichten mit seiner Hupe zu übermitteln wie die Seefahrer mit SOS. Ob er wohl Verwandte grüßt, oder Freundinnen: Huhu, hier bin ich wieder!?
Der Busschaffner lässt uns an einer Kreuzung aussteigen und weist aufmunternd in eine Richtung.
Schade, dass es mittlerweile wieder mehr als mollig geworden ist. Ich fische den schattenspendenden Sonnenhut aus dem Rucksack und ziehe ihn mir über den Kopf, sodass er selbst einer stärkeren Böe standhalten würde.
Nach einem Marsch, der sicher kürzer ist, als ich vermute, kommen wir an einer Kreuzung an. Auf unserer Seite lädt eine weiße Kirche dazu ein, sich in ihrer Kühle zu erholen. Das passt. Zu danken habe ich immer, und mir ist egal in welchem Gotteshaus ich ich das tue.
An der gegenüber liegenden Seite der Kreuzung finden wir das gesuchte Herrenhaus.
Wir sind kaum eingeschwenkt auf den Weg, der zum Eingang führt, als auch schon ein junger Mann in der Tür steht und uns freudig begrüßt. Wir folgen ihm in die erste Etage, wo sich die Prunkgemächer befinden, die man Fremden zeigen kann.
Kaum hat die Führung begonnen, kommt schon der nächste Trupp. Ich folge Jeff, der zu einem Schnelldurchgang unterwegs ist, bis unser Guide die Führung fortsetzt. Glücklicherweise beginnt er nicht bei jedem neuen Gast von vorne, sondern scheint nur mir zu erzählen, wer sich auf welchem Foto an der Wand befindet. Ich freue mich, dass er meine Aufmerksamkeit spürt.
In einer offenen Tür sitzt eine alte Dame. Ich begrüße sie und bedanke mich dafür, dass wir ihr Haus anschauen dürfen.
Raum schließt sich an Raum. Galerie, Speiseraum, Ballsaal, alles befindet sich hier oben.
Kein Wunder, dass die Familie vor etwa 30 Jahren ihr Heim zum Besichtigen geöffnet hat. Wer kann die Kosten für einen mehr als dreihundert Jahre alten Kasten aufbringen, dessen Unterhaltung sicher mit einem Fass ohne Boden zu vergleichen ist.
Dieser früher mit Kerosin betriebene Kühlschrank stammt aus den 40gern.
Eine eigene Kapelle gehört ebenfalls zur Grundausstattung. Ich muss doch schmunzeln, als ich die Geschichte des abgeschnippelten Fingernagels vom heiligen Francis Xavier höre, der sich als Geschenk - wahrscheinlich von einer hochgestellten persönlichkeit aus den reihen der Katholischen Kirche, hinter Glas befindet. Und ich versenke meine abgeschnittenen Nagelreste in der Mülltonne!
Am Ende der Führung bedanken wir uns herzlich und ich frage gut vernehmbar nach der Spendenbox. Die anderen Besucher sollen sich nicht ohne zu zahlen vom Acker machen! Unser Gastgeber ist hocherfreut und wir verabschieden uns wie alte Freunde.
Hinzufügen möchte ich noch, dass ich sehr froh und dankbar bin, dass meine Vorfahren mich nicht mit so einem Erbe belastet haben. Ich hätte viele andere Dinge versucht, ehe ich mein Haus für jeden Piesepampel geöffnet hätte.